Blick auf den Eingangsbereich des A-Baus im Klinikum am Weissenhof. Ein Informationspunkt steht vor einem Vorbau aus Holz.

27.01.2011 - Gedenktag an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft

Im Weinsberger Klinikum am Weissenhof wird am Donnerstag, 27. Januar 2011, um 14:00 Uhr die Ausstellung „Weinsberg und das Weinsberger Tal im Nationalsozialismus“ eröffnet. Anlass ist der nationale Gedenktag an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, der im Jahr 1996 vom damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog eingeführt wurde.

Die Ausstellung im Weinsberger Klinikum beschäftigt sich mit den unterschiedlichen Facetten der nationalsozialistischen Diktatur im Raum Weinsberg. Sie setzt sich unter anderem mit der Rolle des Weissenhof im Zusammenhang mit dem Thema Euthanasie im Nationalsozialismus auseinander. Auch die Geschichte der jüdischen Gemeinden im Weinsberger Tal wird dargestellt.

Die Ausstellung schafft in einer allgemeinverständlichen Sprache Sensibilität für die unterschiedlichen Ausprägungen des Nationalsozialismus vor Ort hier in der Region und am Klinikum am Weissenhof.

Die Wanderausstellung wurde von den beiden Weinsbergern Andreas Gold und Phillip Maas in Zusammenarbeit mit dem Jugendreferat der Stadt Weinsberg entwickelt und im Oktober 2009 erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Seitdem ist die Ausstellung insbesondere an Schulen und in anderen öffentlichen Einrichtungen zu sehen.

Die Ausstellung wird bis 6. Februar 2011 im Foyer des A-Neubaus zu den regulären Besuchszeiten der Kliniken zu besichtigen sein. Zur Eröffnung am 27. Januar sowie zur Besichtigung der Ausstellung sind alle Interessierten herzlich eingeladen.

Die Zeit des Dritten Reiches bedeutete für die damalige Heilanstalt Weinsberg den tiefsten Einschnitt in ihrer Geschichte. Vor 71 Jahren, am 18. Januar 1940, begann im Rahmen des Euthanasieprogramms unter dem Decknamen T 4 das systematische Morden in Grafeneck. Es war der Auftakt zu einem unvorstellbaren Verbrechen. Unheilbar psychisch Kranke waren die ersten Opfer eines systematischen, von langer Hand vorbereiteten Ausrottungsplans, der sich später auch gegen andere vom NS-Regime als vermeintlich minderwertige eingestufte Menschengruppen ausweitete.

Nach der offiziellen „Einstellung“ der Euthanasie im Jahr 1941 ging das das Morden jedoch unauffällig weiter: Man ließ die Patienten einfach verhungern oder verweigerte ihnen jede medizinische Versorgung. Der Euthanasie fielen insgesamt über 300.000 Menschen zum Opfer, 10.654 Menschen waren es allein im württembergischen Grafeneck. Darunter waren auch 908 Patienten aus der Heilanstalt Weinsberg. Heute erinnert ein Gedenkstein im Klinikum an die Patienten, die diesem Verbrechen zum Opfer fielen.

Lange Zeit nach dem Kriege blieb die Erinnerung an die Euthanasie verschüttet oder, wahrscheinlich richtiger, sie wurde verdrängt. Die Bevölkerung war mit dem Wiederaufbau und der Organisation des neuen Lebens beschäftigt, die Täter hatten naturgemäß kein Interesse an einer Aufklärung. Nur wenige wurden zur Rechenschaft gezogen. Erst in den 80er Jahren wurde langsam begonnen, die Vergangenheit aus der NS-Zeit aufzuarbeiten.

Die Frage nach den Motiven für dieses aus heutiger Sicht unverständliche Verhalten von Ärzten und Ministerialbeamten bewegt die Zentren bis heute. Wichtig ist, dass neben den Mitarbeitern der Zentren für Psychiatrie alle Bevölkerungsgruppen wach und sensibel bleiben und sich auf Dauer als Mahner verstehen, damit sich solche Ereignisse nie mehr wiederholen können.