Blick auf den Eingangsbereich des A-Baus im Klinikum am Weissenhof. Ein Informationspunkt steht vor einem Vorbau aus Holz.

Euthanasie-Gedenktag: Die Erinnerung wachhalten

Das Klinikum am Weissenhof gedenkt jährlich an die Opfer der Nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Dieser Gedenktag wurde im Jahr 1996 vom ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog eingeführt und findet jährlich am 27. Januar statt.

In diesem Jahr wurde die Gedenkfeier im Rahmen einer Filmvorführung begangen. Das Klinikum am Weissenhof zeigte im Arthaus-Kino Heilbronn den Spielfilm Nebel im August“, der sich mit der Thematik des Euthanasie-Programms beschäftigt. Der Euthanasie fielen allein 10.654 Menschen im württembergischen Grafeneck zum Opfer. Darunter waren auch 908 Patienten aus der Heilanstalt Weinsberg. Heute erinnert ein Gedenkstein im Klinikum am Weissenhof an die Patienten, die diesem Verbrechen zum Opfer fielen. Dieses dunkle Kapitel der Zeitgeschichte bewegt die Zentren für Psychiatrie Baden-Württemberg bis heute. Der Film „Nebel im August“ basiert auf einer wahren Begebenheit. Der 13-jährige Ernst Lossa, Sohn fahrender Händler und Halbwaise, ist ein aufgeweckter aber unangepasster Junge. Die Kinder- und Erziehungsheime, in denen er bisher lebte, haben ihn als „nicht erziehbar" eingestuft und schieben ihn schließlich wegen seiner rebellischen Art in eine Nervenheilanstalt ab. Nach kurzer Zeit bemerkt er, dass unter der Klinikleitung von Dr. Veithausen Insassen getötet werden. Er setzt sich zur Wehr und versucht, den Mitpatienten zu helfen. Schließlich plant er, gemeinsam mit dem Mädchen Nandl, die Flucht. Doch Ernst befindet sich in großer Gefahr, denn Klinikleitung und Personal entscheiden über Leben und Tod der Kinder. Der Ärztliche Direktor, Dr. Matthias C. Michel, sagte bei der Einführung zur Veranstaltung unter Anderem: „Wir stehen da, und es schaudert uns bei dem Gedanken, was da an Unmenschlichem möglich sein konnte. Wir können stehen bleiben, beim Nachempfinden, erschaudern bei diesem Geschehen oder ein bisschen weiter spüren und uns fragen: Welche Rolle hätte ich eingenommen, wäre es mir möglich gewesen, Kräfte zu mobilisieren gegen die Unmenschlichkeit? Oder hätte ich im Netz der Macht eine Rolle angenommen, über die ich heute schaudere? Wäre das Unvorstellbare auch in meinem Leben möglich gewesen? Und er schloss. „Wachsam sein bei jeder Bewegung gegen die Menschlichkeit und auf alle Fragen uns selbst befragen zu unseren möglichen Anteilen. Dem Entsetzen entgegenwirken, gerade bei Menschen, die schwach sind und vielleicht durch eine Krankheit gezeichnet sind oder keine Fürsprecher haben – gut wäre das, und menschlich notwendig.“ Knapp 200 Besucher sahen diesen unter die Haut gehenden, tief bewegenden Film. Im Anschluss an den Film wurden im Gedenken an die Opfer Kerzen aufgestellt. Diese Aktion wurde von Schülerinnen und Schüler der Gesundheits- und Krankenpflegeschule des Klinikums am Weissenhof durchgeführt.